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2Männer hören nicht zu, Frauen parken schlecht ein? Geschlechterdekonstruktionen in Theorie und PraxisRingvorlesung
Ringvorlesung
Männer hören nicht zu, Frauen parken schlecht ein? Geschlechterdekonstruktionen in Theorie und Praxis
Populäre "Ratgeber" wie das im Titel anklingende Buch von
Barbara und Allan Pease gehen davon aus, dass es zwei
grundsätzlich unterschiedliche Geschlechter gibt und dass
zwischen ihnen eine natürliche sexuelle Anziehung
herrscht. In der Ringvorlesung wird dieses Verständnis von
Geschlecht in Frage gestellt und gefragt, wie damit
Gesellschaft geordnet wird, welche Ausschlüsse produziert
und welche Normen festgeschrieben werden. "Geschlecht"
wird so zu einer analytischen Kategorie, die dazu dient, die
geschlechtliche Ordnung selbst auf ihre Funktionsweisen
und ihre Machteffekte hin zu befragen.
Brauchen wir wirklich ein wahres Geschlecht? Geschlechterkonzepte nach dem Feminismus.
Prof. Dr. Gertrud Lehnert 2009-04-23
Title
Brauchen wir wirklich ein wahres Geschlecht? Geschlechterkonzepte nach dem Feminismus.
Description
Leslie Feinbergs Roman "Stone Butch Blues" (dt.: "Träume in
den erwachenden Morgen") gehört zu den wichtigsten literarischen
Texten der 1990er Jahre, in denen Geschlecht auf
neue Weise verhandelt wird. Explizit wird von Hetero- und
Homosexualität, von Butches und Femmes, vo n
Transvestismus, Transsexualität und Transgender erzählt.
Damit steht der Roman in einer Verbindung zur theoretischen
Diskussion der Epoche, in der bahnbrechende Texte
wie Judith Butlers Gender Trouble erschienen, die die
Gender-Forschung grundlegend verändert haben, weil sie
vom traditionellen Geschlechterbinarismus Weiblichkeit
Männlichkeit Abstand nehmen und mit Foucault danach fragen,
ob es wirklich ein wahres Geschlecht (bzw. zwei und
nur zwei) geben müsse, ob es nicht vielmehr viele
Geschlechter-Möglichkeiten gibt. Davon untrennbar ist die
Frage, ob das biologische Geschlecht das soziale Geschlecht
hervorbringt, quasi als seine Interpretation, d.h. letztlich,
wie überhaupt Geschlechterkonzepte und Geschlechter entstehen.
Maskerade wurde zu einem wichtigen
Schlüsselbegriff dieser Diskussionen.
Ausgehend vom Roman "Stone Butch Blues" und unter
Einbeziehung anderer literarischer Texte von Virginia Woolf
bis Jeannette Winterson zeichnet der Vortrag die wichtigsten
Positionen in den theoretischen Debatten nach und zeigt
auf, welche Auswirkungen sie auf die heutigen
Vorstellungen von Geschlecht haben.
Feminismus und Eugenik im internationalen Vergleich, 1900 - 1993
Prof. Dr. Ann T. Allen 2009-05-07
Title
Feminismus und Eugenik im internationalen Vergleich, 1900 - 1993
Subject
Europa, Feminismus, Eugenik, Geschichte 1900-1993, Internationaler Vergleich
Description
Die Eugenik wird oft als politisch konservative und frauenfeindliche Bewegung stereotypisiert. Im Gegensatz dazu steht, dass sich Frauenorganisationen in vielen Ländern die
Eugenik angeeignet haben und diese in einer feministischen
Richtung revidierten. Der Vortrag wird mehrere europäische
Länder überblicken, um die deutschen Feministinnen in vergleichender
Perspektive zu betrachten und ihre Haltung zur
Eugenik erfassen und einordnen zu können.
Prekäre Männlichkeit. Vom höfischen Ritter zum metrosexuellen Mann.
Prof. Dr. Andreas Kraß 2009-05-14
Title
Prekäre Männlichkeit. Vom höfischen Ritter zum metrosexuellen Mann.
Subject
Geschlechterrolle, Sexuelle Identität, Metrosexualität, Männerbild, Homosexualität, Geschichte
Description
Der Vortrag zeichnet den diskursgeschichtlichen Weg nach,
der vom höfischen Ritter des Mittelalters zum metrosexuellen
Mann der Gegenwart führt. Metrosexualität bezeichnet
einen Männlichkeitsdiskurs, der sich auf der Schwelle zum
21. Jahrhundert ausprägte. Der Neologismus, der die Begriffe
"Metropole" und "Heterosexualität" in sich vereint,
verweist auf einen neuen Männlichkeitstypus, der sich als
Effekt einer transnationalen Neuformierung der heteronormativen
Geschlechterordnung beschreiben lässt. Der metrosexuelle
Mann geht aus der Neuverhandlung männlicher
und weiblicher, hetero- und homosexueller Anteile innerhalb
der männlichen Geschlechterrolle hervor. Die Pointe
des Metrosexualitätsdiskurses besteht darin, dass ein Mann,
der Elemente eines angeblich weiblichen und homosexuellen Habitus integriert, seine männlich- heterosexuelle
Geschlechterrolle nicht mindert, sondern steigert. Der
Metrosexualitätsdiskurs hat eine Vorgeschichte, die in die
höfische Kultur des Hochmittelalters zurückreicht. Bereits
das literarische Bild des höfischen Ritters, der sich im
Frauendienst nobilitiert und an der höfischen Mode teilhat,
verweist auf einen avant la lettre transnationalen Typus kultivierter
Männlichkeit, der sich durch die Ausrichtung an
Werten und Idealen auszeichnet, die als weiblich kodiert
werden. Daher zog der höfische Ritter von Seiten des Klerus
den Vorwurf der Effemination und den Verdacht der
Homosexualität ("Sodomie") auf sich.
Arbeit ist zu einem hohen Maß vergeschlechtlicht: Erstens
basiert(e) die Unterscheidung zwischen bezahlter und unbezahlter
Arbeit - Erwerbs- und Hausarbeit bzw. Produktion
und "Reproduktion" - auf einer geschlechtlichen Arbeitsteilung,
die Frauen in die private Sphäre, Männer in die öffentliche
Sphäre verweist. Zweitens ist Erwerbsarbeit gekennzeichnet
von einer geschlechtshierarchischen Segregation.
Drittens gibt es eine Geschlechtszugehörigkeit von Berufen
und viertens werden auch im beruflichen Alltagshandeln
Differenz und Hierarchie entlang der Geschlechterachse
hergestellt. Die Vorlesung bietet einen theoretischen und
empirischen Einblick in diese vier Dimensionen und diskutiert
die Frage nach Persistenz und Wandel in der
Vergeschlechtlichung von Arbeit und Berufen.
Für das Abendland war der indische Subkontinent
Jahrhunderte lang MMS_Projektionsfläche für religiöse oder sexuelle
Ausschweifungen sowie deren exotische Stilisierung.
Daran hat sich bis heute nicht sehr viel geändert. Bilder der
sinnlichen Tempelskulpturen in Khajuraho oder angeblich
dem Kamasutra entstammende Miniaturzeichnungen bezeugen
beispielsweise die Möglichkeiten von zwanglosem und
weitschweifigem Begehren, welches scheinbar typisch für
den "Orient" ist. Dass diese Bilder kaum Bezüge zur aktuellen
indischen Lebensrealität beinhalten, bleibt unerwähnt,
wird erneut exotisiert oder als das Andere dargestellt: In
Bollywoodfilmen ist das Küssen auf den Mund verboten,
Frauen werden von Ehemännern wie Sklavinnen gehalten
und von ihren Familien als Gebärmaschine betrachtet.
Zwischen all diesen mit Klischees beladenen Darstellungen
rücken die Hijras, eine sich als das dritte Geschlecht
bezeichnende Gemeinschaft, zunehmend in das Licht der
westlichen Aufmerksamkeit - als eine weitere exotische
Attraktion Indiens.
In dem Vortrag werden historische und religionsgeschichtliche
Quellen konsultiert, um ausschnittsweise nachzuvollziehen,
wie sich das Verständnis von Geschlecht in Südasien
im Laufe der Zeit verändert hat, welche Einstellungen aus
der Kolonialisierung des indischen Subkontinents resultieren
und wie sich der Umgang mit Geschlecht und Sexualität im
modernen Südasien darstellt. Der darüber geführte Diskurs
des Westens wird in diesem Zusammenhang kritisch
betrachtet.